SPC-Jahrespressekonferenz: Maritimer Mittelstand begegnet Herausforderungen mit Visionen und Unternehmergeist

München, 05.06.2013 – Der maritime Mittelstand übernimmt aktuell in Deutschland unter schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine Vorreiterrolle, indem er eine Innovationskraft in Bezug auf neue Schiffdesigns, Umwelttechnologien und Zero-Emissions-Schiffe entwickelt, von der auch die globale Schifffahrt profitieren wird. Davon gab sich Markus Nölke, Geschäftsführer des ShortSeaShipping Inland Waterway Promotion Center (SPC), auf dem Jahrespressegespräch diesen Mittwoch im Rahmen der Transport Logistic in München überzeugt. Insbesondere die mittelständisch geprägte Branche benötige bei der Umsetzung ihrer Visionen und Ideen Unterstützung sowie eine besondere Aufmerksamkeit. Vier der SPC-Mitglieder gaben unter Anwesenheit des Verkehrsministers Sachsen-Anhalts Thomas Webel ihre Einschätzung mit Praxisbezug.

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Anlass für die Neuausrichtung des Geschäfts ist die Verschärfung der Umweltauflagen, die mit der Absenkung der Emissionsrichtwerte in Nord- und Ostsee ab 2015 kurz bevor steht. Insbesondere große Verlader treffen schon in diesem Jahr die Entscheidung über die Wahl der Verkehrsträger für ihre Volumen im Jahr 2015. „Vor diesem Hintergrund müssen alle Beteiligten an einem Strang ziehen, damit die Wettbewerbsfähigkeit der Kurzstreckenseeverkehre nicht gefährdet wird. Denn mit einem fast 60 Prozent-Anteil am Gesamtumschlag der deutschen Seehäfen in 2012 sind die ShortSea-Verkehre von sehr hoher Bedeutung“, erklärte Nölke.

Innovativer Ansatz mit Pilotcharakter bei Scandlines
Einen drastischen Kostenanstieg, insbesondere für die Bestandsflotte, prognostizierte Dr. Gernot Tesch, Geschäftsführer Scandlines Deutschland, da keine ausreichend anwendungsbereite Technologie zur Verfügung stehe. In Ermangelung einer allgemeingültigen Lösung sei jedes Unternehmen gefordert, sich individuell den Herausforderungen zu stellen. Einen innovativen Ansatz mit Pilotcharakter hat die SPC-Mitgliedsreederei Scandlines gewählt. Tesch berichtete: „Wir rüsten alle vier Vogelflugfähren auf Hybridantrieb um und installieren anschließend Abgaswäscher, um ökologische Verbesserungen unter Beibehaltung der Wirtschaftlichkeit zu erreichen.“ Langfristig erwarte Tesch, dass weitere Regulierungen neue, innovative Antriebskonzepte erfordern. Eine Vision für ein solches Konzept stellt das gemeinsam mit der FutureShip GmbH entwickelte ZERO-EMISSION-Fährsystem dar. Damit biete Scandlines in Zeiten knapper öffentlicher Mittel der Politik wie auch der Gesellschaft eine privat finanzierte Alternative zu einer auf Staatsgarantien und EU-Subventionen angewiesenen festen Querung über den Fehmarnbelt mit zweifelhaftem volkswirtschaftlichen Nutzen an.

Arkon setzt starken Impuls für neue Antriebe und Designs
Eine umfassende Prognose für die Schifffahrt wagte der geschäftsführende Gesellschafter von Arkon Shipping, Torsten Westphal. „Die Schifffahrt steht vor dem Beginn einer neuen Ära.“ Die generell steigenden Bunkerpreise und neuen Umweltvorschriften würden in den nächsten Jahren zu zwingenden Veränderungen der „klassischen“ Schiffstypen mit deutlich weniger Treibstoffverbrauch führen. Aktuell bunkerten die meisten der weltweit rund 50.000 Seeschiffe Schweröl, ein Abfallprodukt der Raffinerien. „Von diesen Entwicklungen in die Zange genommen, wird sich die Branche so nachhaltig verändern wie seit Jahrzehnten nicht mehr, auch was den Einsatz und die Entwicklung neuer Treibstoffe betrifft“, erwartete Westphal.

OPDR: Fehlende schlüssige Finanzierungskonzepte bremsen Unternehmergeist
Till Ole Barrelet, Geschäftsführer der Oldenburg-Portugiesischen Dampfschiffs-Rhederei, ist ein aktiver Befürworter der „grünen“ Logistik, steht aber dennoch der aktuellen Regelung der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation IMO zur Absenkung der Emissionsrichtwerte in Nord- und Ostsee ab 2015 kritisch gegenüber: „Fehlende Finanzierungsmöglichkeiten, die Schiffsbankenkrise, die von Insolvenz bedrohten Schiffseigner, unklare politische Signale und fehlende anwendbare technische Lösungen ergeben in der Summe eine äußerst schwierige Ausgangslage für die Linienreeder und Schiffseigner.“ Barrelet rechnet mit einer Kettenreaktion: „In Ermangelung von Alternativen werden künftig die meisten Schiffe mit Marinediesel betrieben werden mit der Folge eines massiven Nachfrageanstiegs nach Diesel. Dies werden auch die europäischen Auto- und Lkw-Fahrer zu spüren bekommen.“ Hinter notwendigen Investitionen, beispielsweise in innovative Technologien, müssten schlüssige Finanzierungskonzepte stehen, an deren Entwicklung die Politik mitwirken sollte.

Kukla: Mit ShortSea zu einer höheren Laderaumverfügbarkeit
Während die Reeder vor allem die auf verbesserte Technologie setzen, steht für die Spedition Robert Kukla als Architekt des Transports die Optimierung im Mittelpunkt. Deren geschäftsführender Gesellschafter Knut Sander zeigt das Spannungsfeld auf: „Nachhaltige Transportlösungen bedürfen einer absoluten Verfügbarkeit des Transportmittel zum Bedarfszeitpunkt, oder einfacher ausgedrückt: Wenn ein Kunde einen LKW bestellt, erwartet er, dass dieser zum gewünschten Tag und häufig einer genauen Uhrzeit zur Beladung bereit gestellt wird.“ Da fast alle bilateralen Handelsbeziehungen in Europa unpaarig seien, bringe diese absolute Verfügbarkeit hohe Positionierungskosten mit sich. Diesen begegnet Sander mit einer ausgeklügelten Logistik: „Mit intelligenten Dreiecksverkehren per ShortSea können Container kostengünstig nachfragegerecht positioniert werden.“

Sachsen-Anhalt will nasse Hinterlandverkehre stärken
Ein weiterer wichtiger Baustein in der Transportkette der ShortSea-Verkehre ist eine optimale Anbindung an das Hafenhinterland. Dafür steht Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Thomas Webel. Er strebt an, für den wichtigen Logistikstandort in Mitteldeutschland gemeinsam mit dem SPC neue Potenziale für die Binnenschifffahrt  zu erschließen und die Logistikwirtschaft Sachsen-Anhalts umfangreicher in intermodale europäische Transportketten einzubinden. Hieraus resultiere eine weitere Stärkung der Hinterlandverkehre und somit der Verkehrsdrehscheibe Mitteldeutschland.

Über das SPC
Das ShortSeaShipping Inland Waterway Promotion Center (SPC) ist ein nationales Kompetenz-Center zur Förderung des Kurzstreckenseeverkehrs und der Binnenschifffahrt im Rahmen multimodaler Transportketten. Aufgabenschwerpunkt des SPC ist die neutrale Beratung von Verladern und Spediteuren. Im Vordergrund steht dabei die Vermarktung der Potenziale auf den Wasserstraßen. Dadurch soll zum einen ein Beitrag zur Entlastung der Verkehrsträger Straße und Schiene geleistet werden und zum anderen an einer besseren Vernetzung mit der Wasserstraße mitgewirkt werden. Weitere Arbeitsinhalte sind die Unterstützung von Ausbildung und Öffentlichkeitsarbeit.
Als Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP) wird das SPC getragen vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), den Bundesländern Baden-Württemberg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein, den Fachverbänden der Branche sowie Unternehmen aus Schifffahrt, Hafen, Logistik und Verladerschaft. Aktuell zählt das Kompetenz-Netzwerk mit Dienstsitz im Bundesverkehrsministerium in Bonn über 40 Fördermitglieder.
Weitere Informationen unter www.shortseashipping.de

Pressekontakt SPC
Markus Nölke, SPC-Geschäftsführer
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Stephanie Lützen – Lütpress
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